Stakeholder Management in der Praxis – Frühe Phasen (Teil 1)
Ich werde immer wieder gefragt: Was bedeutet für euch eigentlich Stakeholder Management? Ist das auch nur eines dieser neumodischen Buzzwords?
Mitnichten! Bereits in den frühesten Projektphasen entscheidet sich, ob ein Projekt zum Erfolg oder zum Misserfolg wird. Lesen Sie hier in Teil 1 unserer Serie, warum wir gerade hier auf aktives Stakeholder-Management setzen.
IT-Projekte nach Schema F
IT-Projekte beginnen oft immer nach dem gleichen Schema: Der neue IT-Dienstleister bittet zum Workshop, das erweiterte Top-Management und weitere wichtige Personen werden für bis zu 3 Tagen am Stück geblockt. Im Termin sitzen dann mindestens 10 Leute, die alle Interesse am Thema haben. Das nennt sich dann ‘alle Stakeholder abholen’.
Der vermeintliche Vorteil dieses verfrühten Kick-off-Workshops: Alle sind gleich abgeholt und auf eine Linie eingestimmt. Die Umsetzung kann also so schnell wie möglich starten.
Ich habe solche Workshops schon mehrfach als Teilnehmer miterlebt. Das Ergebnis ist leider nie so wie gewünscht. Statt allen wurde in der Regel keiner richtig abgeholt. Nur die wirklich lautstarken Teilnehmer setzen ihren Standpunkt durch. Diese Themen werden vom Dienstleister fälschlicherweise oft als repräsentativ und besonders wichtig für die ganze Gruppe angesehen. Andere Ansichten gehen hier oft unter und werden nicht gehört.
Beraten ohne Menschenkenntnis – wirklich?
Als Dienstleister ist man in so einer Situation einer Gruppe an Leuten ausgesetzt, über die man praktisch nichts weiß. Welche Motivation haben sie? Wie sind ihre Erwartungen und Befürchtungen? Wo gibt es wunde Punkte? Eine Vorbereitung auf die Gruppe kann also gar nicht erfolgen, da hilft es auch nicht, zu Beginn 5 Minuten die ‘Erwartungen’ am Whiteboard zu sammeln. Unter diesen Voraussetzungen ist es extrem schwierig, einen Workshop durchzuführen, der für alle Beteiligten zufriedenstellend ist.
Dies ist der Grund, warum Dienstleister hier oft bereits das rudern beginnen: Mit manchen Fragen haben sie einfach nicht gerechnet, oder der passende Experte ist nicht im Workshop. Das verursacht auf allen Seiten Unsicherheit und Unbehagen. Am Ende eines solchen Workshops habe ich als Teilnehmer eher mehr Fragen also vorher. Das bestärkt mich in meiner Sichtweise: Echte Beratung kann ohne Menschenkenntnis nicht stattfinden.
Der erste Eindruck zählt!
Projekte dieser Art sind nach meiner bisherigen Erfahrung immer nur mäßig erfolgreich oder scheitern gleich komplett. Es ist wie in der alten Lebensweisheit: Der erste Eindruck zählt! Dieser Eindruck ist hier leider meistens eher durchwachsen.
Wir sind der Überzeugung: Bereits in diesen frühen Projektphasen wird der entscheidende Grundstein zum langfristigen Projekterfolg gelegt. Warum investieren wir also hier nicht lieber etwas mehr Zeit? Langfristig können alle Beteiligte nur davon profitieren.
Gerade in den frühen Projektphasen konzentriere ich mich darauf, alle Personen abzuholen, die mit dem Projekt Berührungspunkte haben. Das gelingt mir mit Einzelgesprächen und Terminen in Kleingruppen. Erst danach kommt für uns der Kick-off-Workshop. Das funktioniert für mich sehr gut und ich habe im Workshop deutlich weniger unbekannte Größen auf beiden Seiten.
Natürlich ist richtig anzumerken: Dieser Ansatz erfordert ein gutes Zeitmanagement, Priorisierung, Flexibilität und ein strukturiertes Vorgehen. Auch muss der Kunde bereit sein, vom klassischen Ansatz abzuweichen. Gelingt dies jedoch, beginnen Projekte so richtig zu fliegen.
Wie wir hier vorgehen und worauf wir achten erfahren Sie hier in Teil 2.